BUTOKU 武徳

Die Tugenden der Kampfkünste

Das bu­to­ku (武徳 — Sitt­lich­keit  des Budō; krie­ge­ri­sche Tu­gen­den) ist ein Re­gel­werk, wel­ches in un­se­rer Schu­le von al­len No­vi­zen (新参 - shin­zan), Schü­lern (弟子 – de­shi) und Kyōshi‘s (教師 - Leh­rer) ge­lernt und ge­lebt wer­den soll­te. Es ist ein wich­ti­ges mo­ra­li­sches Ge­rüst für alle, die die Kampf­kün­ste stu­die­ren. Die­se Re­geln wa­ren — und sind es heu­te noch — eine wich­ti­ge Grund­vor­aus­set­zung zum Ler­nen und dem ver­ant­wor­tungs­vol­lem Um­gang mit den Kampf­kün­sten. Sie si­chern das Kon­trol­lie­ren und Be­stehen ei­nes rei­nen Her­zens, ohne dass man in den Kampf­kün­sten nicht vor­an­schrei­ten kann.

 

Die er­war­te­ten Tu­gen­den:

 

Barm­her­zig­keit, Mit­ge­fühl

Die Barm­her­zig­keit ist eine wich­ti­ge Ei­gen­schaft des mensch­li­chen Cha­rak­ters – eine barm­her­zi­ge Per­son öff­net ihr Herz frem­der Not – und ist eine der Haupt­tu­gen­den und Pflich­ten in un­se­rer Schu­le,  die es zu kul­ti­vie­ren gilt. Im Bud­dhis­mus wird die Barm­her­zig­keit üb­li­cher­wei­se als Mit­ge­fühl be­zeich­net und ist im Kern das Er­geb­nis me­di­ta­ti­ver Ein­sicht und Er­le­bens. Vor­aus­set­zung da­für ist dei­ne Ach­tung vor dem Le­ben, da die­se zur Ach­tung vor Mit­men­schen führt. So hast du als Kämp­fer, wenn­gleich dein Kör­per ei­ner ge­fähr­li­chen Waf­fe äh­nelt, den­noch ein fried­vol­les, barm­her­zi­ges Herz.

 

Selbst­be­herr­schung, Selbst­stän­dig­keit

Selbst­be­herr­schung soll­te für dich eine Not­wen­dig­keit sein, um dich nie­mals zu ei­nem un­nö­ti­gen Kampf pro­vo­zie­ren zu las­sen, ei­nen un­aus­weich­li­chen Kampf zu ge­win­nen, und im Ernst­fall das not­wen­di­ge Maß der Selbst­ver­tei­di­gung nie­mals zu über­schrei­ten. Selbst­be­herr­schung ist aber auch beim Er­ler­nen der Kampf­kunst un­ab­ding­bar, um die­se über­haupt mei­stern zu kön­nen. Nur mit stren­ger Dis­zi­plin und Un­nach­gie­big­keit ge­gen dich selbst, kannst du das Be­ste aus dir her­aus­ho­len und das höch­ste Ziel erreichen.

 

Be­schei­den­heit, De­mut, Zurückhaltung

Be­schei­den­heit zeich­net dich als Stu­den­ten aus. Prah­le­rei soll­te dir fremd sein. Du bringst den Mit­men­schen Re­spekt ent­ge­gen und ord­nest dich in die Hier­ar­chie der Ge­sell­schaft un­ter. Du über­nimmst die Auf­ga­ben, die dir zu­ge­dacht wer­den, und führst sie mit all dei­ner Kraft aus. Al­les was du tust, soll­test du mit gan­zem Her­zen und nur für dich selbst tun. Be­schei­den­heit be­fä­higt dich dazu, dich nie­mals zu über­schät­zen und dei­nen Geg­ner zu unterschätzen.

 

 

Die zu er­ler­nen­den Tugenden:

In un­se­rer Schu­le wäre es wün­schens­wert wenn der Stu­dent im Be­sitz ver­schie­de­ner Tu­gen­den ist oder sich die­se im Lau­fe sei­ner Aus­bil­dung auf dem Weg zum Leh­rer an­eig­net. Die­se all­ge­mei­nen Tu­gen­den un­ter­schei­den wir in die „Tu­gen­den der Hand­lung“, die man nach au­ßen zeigt, und die „Tu­gen­den des Gei­stes“, die man im In­ne­ren trägt.

 

Die Tu­gen­den der Handlung

 

De­mut, Be­schei­den­heit, Zurückhaltung

De­mut kann bei dir nur ent­ste­hen, wenn du be­reit bist, dei­nen Stolz zu kon­trol­lie­ren und manch­mal auch zu über­win­den. Die Be­frie­di­gung dei­ner ei­ge­nen Wün­sche ist nicht über al­les an­de­re zu stel­len. Als Stu­dent soll­test du die Be­dürf­nis­se und Er­for­der­nis­se dei­ner Mit­men­schen über dei­ne ei­ge­ne Wün­sche und Be­dürf­nis­se stellen.

 

Re­spekt, Ach­tung

Re­spekt ist die Grund­la­ge al­ler Be­zie­hun­gen zu Men­schen, Tie­ren und al­len Din­gen. Dazu ge­hört auch die Ach­tung vor dir selbst. Im Um­gang mit al­len Din­gen soll­test du Re­spekt zei­gen. Ach­tung zeigt sich auch in der Ein­hal­tung die­ser Re­geln und der Eti­ket­te. Das ist die Ba­sis, auf der die Ge­mein­schaft un­se­rer Schu­le funktioniert.

 

Ge­rech­tig­keit, Recht­schaf­fen­heit

Ge­rech­tig­keit ist eine Le­bens­ein­stel­lung und be­sagt, dass das, was du für rich­tig hälst auch tust, und das was du nicht für rich­tig hälst, auch nicht tust. Hier­bei sind kul­tu­rel­le und ge­sell­schaft­li­che Maß­stä­be nicht so ent­schei­dend, wie der Re­spekt vor al­len Men­schen und We­sen und ein aus­ge­präg­tes Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein. Ver­ant­wor­tung für die ei­ge­nen Hand­lun­gen zu über­neh­men, wird von dir als Stu­dent erwartet.

 

Ver­trau­en, Glaub­wür­dig­keit

Ver­trau­en um­fasst auch, ver­trau­ens­wür­dig zu sein und dir selbst Ver­trau­en zu kön­nen. Du soll­test also eine ei­ge­ne Per­sön­lich­keit ent­wickeln, der man vor­be­halt­los ver­trau­en kann. Ver­trau­en ist die Ba­sis ei­ner Fa­mi­lie und je­der ech­ten Freundschaft.

 

Loya­li­tät, Treue, Gehorsam

Loya­li­tät ist die Ba­sis von Ver­trau­en und je­der Be­zie­hung in­ner­halb der Ge­mein­schaft die­ser Schu­le. Loya­li­tät ist un­ter Um­stän­den die wich­tig­ste al­ler Tu­gen­den der Hand­lung. Loya­li­tät be­deu­tet auch, sich zu den Wer­ten des Bu­to­ku zu bekennen.

 

 

Die Tu­gen­den des Geistes

 

Wil­le, Am­bi­ti­on

Ein wich­ti­ges Ziel un­se­rer Schu­le ist es, bei sei­nen Stu­den­ten durch die Kampf­kün­ste ei­nen star­ken Wil­len zu ent­wickeln. Das ist not­wen­dig, da­mit der Stu­dent sei­ne Zie­le nicht aus den Au­gen ver­liert und ernst­haft die Kün­ste stu­diert. Ein ei­ser­ner Wil­le, den zu ha­ben von Vor­teil ist, darf je­doch nicht zum Nach­teil der an­de­ren An­ge­hö­ri­gen der Schu­le, oder der Schu­le selbst ein­ge­setzt wer­den. Er soll­te auch nicht an­de­ren Men­schen zum Nach­teil gereichen.

 

Aus­dau­er, Durch­hal­te­wil­len

Aus­dau­er be­deu­tet, un­ab­läs­sig zu üben und zu trai­nie­ren. Das gilt so­wohl für die phy­si­schen als auch für die men­ta­len Fä­hig­kei­ten, die der Stu­dent in un­se­rer Schu­le ent­wickelt. Aus­dau­er ist not­wen­dig, um sich in der Kunst und in al­len Din­gen zu ver­bes­sern. Ein Stu­dent soll­tet nie­mals da­mit auf­höh­ren, mit Aus­dau­er an sich zu arbeiten.

 

Be­harr­lich­keit, fe­ster Wille

Be­harr­lich­keit be­deu­tet, auf das Ziel hin­zu­ar­bei­ten, et­was zu er­ler­nen. Be­harr­lich­keit ist es, die den Stu­den­ten dazu be­fä­higt, im­mer wie­der zu ver­su­chen, Feh­ler zu kor­ri­gie­ren und ein­mal Er­lern­tes im­mer wie­der auf Feh­ler zu un­ter­su­chen, um die­se zu ver­mei­den. Be­harr­lich­keit ist es, die ei­nen Stu­den­ten nie­mals dar­in müde wer­den lässt, sich zu verbessern.

 

Ge­duld, Duld­sam­keit

Ge­duld ist die Tu­gend, die den Stu­den­ten be­fä­higt, auch dann wei­ter­zu­ma­chen, wenn er den Sinn des­sen, was er tut, noch nicht er­kennt und wenn ihm das Ziel un­er­reich­bar er­scheint. Ge­duld ist es, die ihn be­fä­higt, stän­dig an sei­nem Fort­schritt zu trai­nie­ren, auch wenn man ihn noch nicht er­ken­nen kann und so­lan­ge an sich zu ar­bei­ten, bis er wah­re Mei­ster­schaft er­reicht. Ge­duld ist eine der wich­tig­sten Tu­gen­den für den Stu­den­ten, um rich­tig und kor­rekt zu ler­nen. Für den Leh­rer be­deu­tet es, den Stu­dent an­zu­lei­ten und ihm das Wis­sen mit Sorg­falt rich­tig zu vermitteln.

 

Mut, Tap­fer­keit, Kühnheit

Mut ist not­wen­dig, um die Kampf­kün­ste zu er­ler­nen und um in schwie­ri­gen Si­tua­tio­nen rich­tig zu han­deln. Stu­den­ten un­se­rer Schu­le ar­bei­ten be­stän­dig an ih­rem Mut. Die­ser Mut ist aber nicht mit dem blin­den Mut zu ver­wech­seln, der sei­nen Ur­sprung in un­kon­trol­lier­ten Ge­füh­len, Dumm­heit oder Angst hat. Mut be­deu­tet nicht die Ab­we­sen­heit von Angst, son­dern das Über­win­den derselben.